Historischer Verein Landkreis Haßberge e. V.

Am 14. Januar 2005 wurde der Historische Verein Landkreis Haßberge e. V. gegründet. Der Verein hat seinen Sitz in Haßfurt und ist ein korporatives Mitglied im Frankenbund.


Nachrichtenarchiv


Zweites Heimatseminar in Eltmann am 10. Juni 2007


Bild: Die Vortragenden der zweiten Tagung zur Heimatgeschichte des Historischen Vereins in der Stadthalle Eltmann. Vlnr: Willi Lediger, Wolfgang Jäger, Dr. Volker Rössner, Michael Jandejsek M. A., Dr. Stephan Diller, Dr. Stefan Jacob und Klaus Dindorf.

Am Sonntag, dem 10. Juni 2007, veranstaltete der Historische Verein Landkreis Haßberge e.V. seine zweite Tagung zur Heimatgeschichte in der Stadthalle Eltmann. Dr. Stephan Diller begrüßte die Gäste zu einem reichhaltigen Programm aus zwei Vorträgen zu Kavalierstouren im 16. und 17. Jahrhundert, zu Forschungsberichten über spätantike Geweihkämme und die Eltmanner Wallburg, zu der Vorstellung der beiden Heimatvereine aus Eltmann und Obertheres sowie zur Präsentation zweier Forschungsprojekte des Historischen Vereins Landkreis Haßberge e. V.

Vorträge

Im ersten Vortrag zeichnete Dr. Stefan Jacob aus nüchternen Rechnungseinträgen ein lebhaftes Bild der Kavalierstour dreier fränkischer Junker nach Padua in Italien im Jahre 1585. Auf schlechten Pferden machten sich am 20. Juni 1585 der 30jährige Wolfgang Voit von Rieneck aus Urspringen, der 21jährige Lukas von der Thann aus Nordheim und der erst 16jährige Hans Konrad von Thüngen, begleitet von seinem Lehrer und Vormund Andreas Gnad von Würzburg aus auf den Weg nach Italien. Die drei Junker zog die alte Sehnsucht nach dem Süden, und ihre Reise nach Padua sollte sich prägend auf ihr weiteres Leben auswirken. Die drei Junker aus der fränkischen Provinz kamen auf ihrem Weg nach Italien Ende Juni 1585 in die damalige Weltstadt Augsburg. Dort ersetzte man den mitgebrachten Zinnlöffel durch einen Löffel aus Silber. Von einem Barbier ließ man sich eine moderne Haarpracht schneiden, und nachdem sich die Herren noch nach der neuesten Mode eingekleidet hatten, fühlten sie sich als rechte Kavaliere. Sie verkauften ihre Pferde und setzten am 1. Juli 1585 ihre Reise nach Italien in einer von einem Boten organisierten größeren Reisegruppe fort, denn es begann die schwierige Reiseetappe über die Alpen. Nach sieben Tagen, am 7. Juli, erreichten die Junker Basano; von hier fuhren sie mit der Kutsche weiter nach Padua, wo sie am 8. Juli ankamen. Am 12. Juli 1585 trugen sich die drei Junker und der Lehrer in die Matrikel der Universität von Padua ein, bezahlten ihre Gebühren, und studierten fortan die „Artes Liberales“, die sieben freien Künste, bestehend aus dem Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und dem Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik). Aber ob sie viel zum Studium kamen, ist fraglich, denn sie unternahmen Ausflüge nach Venedig, Verona, Mailand, Mantua und den Abano Thermen. Nach zwei Monaten Aufenthalt verließen die drei fränkischen Junker am 22. August wieder Padua, nicht ohne zuvor ein rauschendes Abschiedsfest zu feiern. In Mestre buchten sie bei einem Boten die Rückreise bis Frankfurt, wo sie am 12. September 1585 ankamen. Am 20. September beendeten sie ihre Reise in Würzburg. Während der ganzen Reise gab der 16jährige Hans Konrad von Thüngen das Bild eines fränkischen Landjunkers, der kräftig über die Stränge schlug. Auch in seinem weiteren Leben blieb er ein Lebemann und starb bereits 1608 mit 39 Jahren. Lukas von der Thann wurde Amtmann in Mellrichstadt und starb 1632 mit 68 Jahren, Wolfgang Voit von Rieneck wurde Amtmann in Gemünden und starb 1634 mit 79 Jahren.

100 Jahre später, nämlich von 1681 bis 1686 waren die Ritter Christoph Ernst und Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach, Söhne des Eitel Heinrich Fuchs von Bimbach (1624–1674), auf ihrer Kavalierstour von Gleisenau nach Paris unterwegs, deren Reise Dr. Volker Rössner nachzeichnete. Er konnte bei der Rekonstruktion dieser Reise auf annähernd 200 Briefe zurückgreifen, die sich im Archiv der Fuchs von Bimbach in Schloss Burgpreppach befinden. Beide Brüder, der ältere Christoph Ernst Fuchs, geboren Anfang 1664 und der jüngere Ludwig Reinhold Fuchs, geboren Ende 1665, wurden wegen Streitigkeiten von der Universität Tübingen verwiesen. Dieser Umstand bewegte ihre Mutter, die beiden Söhne unter der Aufsicht ihres Hofmeisters Jobst Christoph Blume auf eine gemeinsame Ausbildungsreise zu schicken. Da Christoph Ernst Fuchs kurz vor der Abreise erkrankte, machte sich der 15jährige Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach mit dem Hofmeister 1681 in Würzburg mit dem Schiff auf dem Main und dem Rhein auf in die Niederlande. Nach einer Reise durch die katholischen und protestantischen Niederlande ging es per Schiff von Calais aus nach England, wo London und Oxford die Reiseziele waren. Danach ging es von Calais per Kutsche nach Paris, wo Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach mit dem Hofmeister am 23. Oktober 1683 ankam. Der 17jährige Christoph Ernst Fuchs von Bimbach gelangte im Winter 1683 per Kutsche von Würzburg über Speyer und Straßburg nach Paris. Als im Frühjahr des Jahres 1685 der Doge von Genua nach Versailles kam, um Ludwig XIV. öffentlich um Verzeihung zu bitten, waren unter den vielen Gästen auch die beiden fränkischen Ritter Christoph Ernst und Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach mit ihrem Hofmeister. Auch weitere Reisen u. a. entlang der Loire wurden unternommen. Während Christoph Ernst Fuchs von Bimbach sich ansonsten jedoch dem Studium widmete, verbrachte sein jüngerer und draufgängerischer Bruder Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach seine Zeit lieber im Ballhaus und beim Kartenspiel. Das Verhalten des jüngeren Bruders kostete dem Hofmeister zu viel Kraft, und er starb im Winter 1686 in Paris. Ludwig Reinhold Fuchs von Bimbach trat nach der Rückkehr von der Kavalierstour in Militärische dienste, und starb 1704 mit 38 Jahren an einer Schussverletzung. Christoph Ernst Fuchs von Bimbach unternahm weitere Reisen und erlebte einen kometenhaften Aufstieg. Zunächst wurde er Oberkämmerer in Würzburg, dann Gesandter am Wiener Hof. 1719 starb er mit 63 Jahren als Freiherr und Graf von Bimbach und Dornheim in Hamburg.

Forschungsberichte

Der Archäologe Michael Jandejsek M. A. berichtete über spätantike und völkerwanderungszeitliche Kämme, die aus den Geweihstangen erlegter Hirsche hergestellt worden sind. Er erläuterte die Entstehung der Kämme aus Griffplatten und Zahnplättchen, die mittels Eisen- oder Bronzenieten, seltener mit Silbernieten, miteinander verbunden waren. Zu der damaligen Zeit war der Kammmacher ein spezialisierter Handwerksberuf.

Willi Lediger referierte über die Geschichte der Wallburg. Diese stammte aus der Zeit des Hochmittelalters und wurde erstmals 1271 unter den Bezeichnungen urkundlich erwähnt. Die im Bauernkrieg 1525 gebrandschatzte Wallburg wurde unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573–1617) renoviert und zum Amtssitz ausgebaut. Die Burg war somit Mittelpunkt und Verwaltungssitz des gleichnamigen Amtes im Hochstift Würzburg. Als Amt- und Pfandherren tauchen vor allem die Ritter von Fuchs (114 Jahre lang), von Miltz, von Rotenhan und von Greiffenklau auf. Trotz mehrfacher Aus- und Umbaumaßnahmen und häufiger Instandsetzung der vorhandenen Bausubstanz, so letztmals 1648 (Ende des Dreißigjährigen Krieges) mit Arbeiten am Palas, an der Kemenate und den Wirtschaftsgebäuden, war die Burg seit 1777 wüst und diente als Steinbruch für die stetig wachsende Stadt Eltmann. Auf diese Weise wurden alle Gebäude abgerissen, nur der Bergfried blieb stehen, weil er keinen ebenerdigen Eingang besaß und man ihn somit nicht betreten konnte, um die Steine abzubrechen. Aus demselben Grund der fehlenden Öffnung bekam das Überbleibsel der Wallburg den Namen „Krautschtücht“. Dieser ehemals 43 Meter hohe Turm misst heute nur noch 28 Meter und hat an Stelle seines Runddaches mit Spitztürmchen 1890 von Firma Gebrüder Engelbrecht einen Zinnenkranz erhalten. In seiner Sitzung vom 9. August 1927 beschloss der Stadtrat von Eltmann die Erneuerung verschiedener, in einem »sicherheitsgefährlichen Zustand« befindlicher Stiegen im Wallburgturm Der Turm dient heute als Wahrzeichen der Stadt Eltmann und als Aussichtsturm in den Steigerwald, die Haßberge und das Maintal. Seit 1967 fungiert der „Krautschtücht“ als Fernsehturm der Deutschen Telekom, die infolge dessen im Jahre 1985 auch die gesamte Außenrenovierung des Turmes finanzierte.

Heimatvereine

Willi Lediger skizzierte kurz die Geschichte des 1984 im Vorfeld des Stadtjubiläums (1985) gegründeten „Vereins für Heimatgeschichte Eltmann e.V.“, dessen vorrangiges Ziel der Aufbau und der Erhalt des Heimatmuseums Eltmann darstellt. Klaus Dindorf, der Archivpfleger der Gemeinde Theres, stellte die umfangreichen Aktivitäten der „Freunde der Thereser Geschichte“ vor, die sich anläßlich der 200 Jahrfeier der Säkularisation zusammengefunden haben, um fortan weitere neue Aspekte der Thereser Geschichte aufzuarbeiten.

Forschungsprojekte

Wolfgang Jäger stellte das Projekt „Flurnamen im Landkreis Haßberge“ des Historischen Vereins vor. Mit diesem Projekt will der Verein ein Stück lokaler Identität des Landkreises für die Zukunft dadurch erhalten, dass er flächendeckend für alle Gemeinden des Landkreises Haßberge die Flurnamen sammeln und auch deren Bedeutung erforschen will. In einer Zeit der satellitengestützten Navigation werden Flurnamen zur Orientierung nicht mehr gebraucht, was zur Folge hat, dass diese aus dem Gedächtnis verschwinden. Mit der Neuvermessung Haßfurts durch Vermessungsoberrat Albert Köder wird z. B. der Name „Hinter der Plantage“ bei der Promenade verschwinden, weil er nicht mehr gebräuchlich ist. Der Historische Verein hofft, die Feldgeschworenen der einzelnen Gemeinden für dieses Projekt begeistern zu können, da diese über großes auch historisches Wissen auf dem Gebiet der Flurbezeichnungen verfügen. Zu diesem Zweck werden Dr. Stephan Diller, Joachim Andraschke Und Roland Spiegel am Sonntag, dem 7. Juli 2007 auf dem Treffen der Feldgeschworenen in Kirchaich auch zu den Feldgeschworenen sprechen. Als erstes Teilziel soll die Bewahrung der alten Flurbezeichnungen in einer allgemein lesbaren Form erreicht werden. Mit der Bereitstellung der Flurnamen in gedruckter Schrift könnten dann z. B. auch Schüler in Form von Facharbeiten tätig werden und die Flurnamen ihres Heimatortes ermitteln und sammeln. Mit der der landkreisweiten Erfassung und der Einbindung von Schülern ist das Projekt nicht nur bereichsübergreifend, sondern dient auch dazu, der Jugend ihre Heimat näher zu bringen. Willi Lediger regte ein neues Projekt zur Erforschung der mehr als 200 Mühlen im Landkreis Haßberge an. Dr. Stephan Diller führte ergänzend aus, dass dieses Projekt Teil einer umfangreiche Erfassung aller Bau- und Kulturobjekte des Landkreises Haßberge sein wird. Zur Realisierung beider Forschungsvorhaben werden ab dem Jahre 2008 in regelmäßigen Abständen Treffen der Projektmitarbeiter stattfinden. Nach Abschluss der Tagung besuchten die Teilnehmer das jährlich stattfindende Eltmanner Museumsfest, das nur wenige Schritte vom Tagungslokal entfernt vom Verein für Heimatgeschichte Eltmann e.V. veranstaltet wurde.

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